08. Juni 2015
Die künstlerische Entdeckung des Donautals hat lange Zeit auf sich
warten lassen. Zwar haben die übers Land wandernden Vedutenzeichner
schon seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts häufig auch im
Donautal die Motive für ihre Skizzen und Druckvorlagen gefunden, aber
gerade in der großen Zeit romantischer Landschaftsmalerei hat sich im
Grunde kein einziger akademischer Künstler hierher verirrt. Zu weit
abseits lag das Gebiet von den Zentren der Kunst, von Karlsruhe,
Stuttgart oder gar München. Und als das Donautal dann endlich ab 1890
verkehrsmäßig erschlossen und mit der Eisenbahn bequem zu erreichen war,
da war seine bizarre Felsenwelt mit ihren malerischen Burgen für
akademische Künstler kaum noch interessant. Die Maler im ausgehenden 19.
und beginnenden 20. Jahrhundert schwelgten längst nicht mehr in
romantischem Pathos, sondern strebten nach Wahrhaftigkeit. So war auch
während dieser zweiten großen Phase der Landschaftsmalerei, nämlich der
Zeit der realistischen oder impressionistischen Freiluftmalerei, die
Obere Donau keine Landschaft, die von überall her Künstler magisch
angezogen hätte. Anders als am Ammersee, in Gutach, in Grötzingen oder
auf der Höri ist hier keine Künstlerkolonie entstanden.
Der Zustrom an Künstlern blieb im Donautal zwar immer überschaubar, aber
dennoch erscheint diese Region in der Summe eben doch als ein
künstlerischer Verdichtungsraum. Über Generationen hinweg hat diese
Landschaft Kunstschaffende immer wieder aufs Neue fasziniert und – wenn
auch nur selten dauerhaft – in ihren Bann gezogen. Unter dem Etikett
„Donautalmaler“ soll eine Auswahl von Künstlern vorgestellt werden, in
deren Gesamtwerk die Auseinandersetzung mit der Landschaft des Donautals
wenngleich keine zentrale, aber doch immerhin eine unübersehbare und
bemerkenswerte Stellung einnimmt. Dabei handelt es sich zumeist um
Künstler, die entweder selber von hier oder aus dem näheren Umfeld
stammten oder verwandtschaftliche und freundschaftliche Beziehungen
hierher pflegten: die mit Fridingen verbundene Johanna Sulzmann
(1888-1971), der Tuttlinger Hugo Geissler (1895-1956), der Mitbegründer
der - zunächst für Inzigkofen projektierten - Bernsteinschule Paul
Kälberer (1896-1974), der aus Fridingen stammenden Alfons Epple
(1899-1948), die mit Laiz verbundene Marianne Henselmann (1902-2002),
der als der Donautalmaler schlechthin bekannt gewordene Hans Bucher
(1929-2002) aus Fridingen und der in Inzigkofen lebende Franz Xaver
Heinzler (geb. 1931).
Auf jeweils ganz unterschiedliche Weise haben sich diese sieben
Künstlerinnen und Künstler vom besonderen Reiz des Donautals inspirieren
lassen. Dabei waren es nur noch selten die eigentlich „romantischen“
Qualitäten dieser Landschaft, von der sich die Künstlergeneration der um
oder nach 1900 Geborenen angesprochen fühlte. Nicht mehr die großen
Landschaftskulissen oder die Versatzstücke des gemeinhin Romantischen
wurden als bildwürdig empfunden, sondern vielmehr die unscheinbaren
Blickwinkel, das bescheidene Idyll am Flussufer, das Spiel der
Farbabstufungen an einer Felswand oder die durch Tages- und Jahreszeit
geprägten Stimmungsgehalte eines unspektakulären Landschaftsausschnitts.